Laut der heute beschlossenen Fassung der RED III im EU-Parlaments müssen Biogasanlagen ab 2 MW Feuerungswärmeleistung, die vor dem 01. Januar 2021 in Betrieb gegangen sind, nachweisen, eine Treibhausgasminderung von 80 Prozent nachweisen. Während der Nachweis einer Treibhausgasmindestminderung für Neuanlagen bereits seit 2021 Sachstand ist, wird damit die Nachhaltigkeitszertifizierung von Bestandsanlagen, die ab 2026 15 Jahre in Betrieb waren, um diese Maßgabe erweitert.
Folglich betrifft dies alle jene größeren Biogasanlagen, die bis 2011 ans Netz gegangen sind. Sollten Biogasanlagen die Auflagen der RED III nach Umsetzung in nationales Recht nicht erfüllen, würden diese künftig ihren Vergütungsanspruch über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verlieren. Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer im Fachverband Biogas, weist in diesem Kontext vor allem auf den deutschen Sonderfall innerhalb der europäischen Biogasbranche hin: „Schaut man sich den Zubau deutscher Biogasanlagen über die Jahre hinweg genauer an, wird man schnell erkennen, dass der weit überwiegende Anteil der Anlagen bis 2012 ans Netz gegangen ist. Da die RED III auf die Feuerungswärmeleistung abstellt, trifft es insbesondere die politisch geförderten flexibilisierten Anlagen, die vor allem dann Energie in Form von Strom und Wärme bereitstellen, wenn diese besonders benötigt wird. Damit es zu keinem drastischen Rückbau dieser netzdienlichen und in Zeiten des Ausbaus der erneuerbaren Energien so wichtigen Biogasanlagen kommt, wird es vor allem darauf ankommen, dass die nationale Umsetzung der RED III pragmatisch und im Sinne einer erfolgreichen Energiewende erfolgt. Einen drastischen Anlagenrückbau kann sich Deutschland aktuell und auch zukünftig nicht leisten.“
Problematisch an der 80% Anforderung sind laut des Experten vor allem zwei Umstände: „Zum einen müssen jene Anlagen, die bisher vor allem nachwachsende Rohstoffe eingesetzt haben, nun kurzfristig vermehrt auf Substrate umstellen, die eine höhere Treibhausgasminderung haben, jedoch unter Umständen entweder schwierig zu bekommen oder aufgrund der Anlagenkonzeption nicht ohne weiteres technisch einsatzbar sind. Zum anderen fehlen aktuell Standardwerte für die Treibhausgasberechnung. Selbst internationale Forschungseinrichtungen müssen derzeit aufwändige und komplexe Berechnungen vornehmen, welche unsere landwirtschaftlichen Betriebe vor dem Hintergrund immer neuer bürokratischer Hürden nicht auch noch leisten können,“ unterstreicht Rauh.
Die nun verabschiedeten Regelungen eröffnen immerhin die Möglichkeit, dass langfristige Förderungen, die vor dem Inkrafttreten RED III gewährt wurden, auch unter den bisherigen Regelungen bis 31.12.2030 fortgeführt werden können, wenn ein Mechanismus sicherstellt, dass keine Überkompensation stattfindet. Diese Zeit müsse laut Rauh dringend genutzt werden, um die erneuerbare Energieerzeugung aus Biogas nicht leichtfertig zu gefährden. „Bereits die in 2022 umgesetzte Erweiterung der Nachhaltigkeitszertifizierung auf die Stromerzeugung aus gasförmiger und fester Biomasse nach den Vorgaben der Erneuerbare Energien Richtlinie (RED II) verlief für die Bioenergie insgesamt desaströs: Deutschland hat sich entschieden, diese schneller als alle anderen EU-Staaten umzusetzen, obwohl es an den nötigen rechtlichen und organisatorischen Grundlagen fehlte. All dies steht für die Biogasanlagenbetreiber immer unter dem Risiko, dass selbst bei einem nicht eigenverschuldeten Nichteinhalten von – oft nur schwer erfüllbaren – Formalien, ein Ende der EEG-Vergütung droht. Für eine Vielzahl von Biogasanlagen würde dies eine Insolvenz bedeuten. Dies darf sich nun bei der anstehenden Umsetzung der RED III nicht wiederholen,“ schließt Stefan Rauh.
Nach dem heutigen Beschluss des EU-Parlaments muss der Europäische Rat den Text der RED III noch formal annehmen, bevor dieser in Kraft treten kann. Die nationale Umsetzung der zahlreichen Regelungen der RED III muss dann bis spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten erfolgen, also bis zum Frühjahr 2025.