„Wir brauchen eine Anhebung des jährlichen Ausschreibungsvolumens auf 1.800 Megawatt“, sagte der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, im Rahmen der heutigen Pressekonferenz. Dies sei notwendig, um die vorhandene Biogas-Leistung zu sichern, die im Energiesystem der Zukunft eine ganz entscheidende Rolle spielen wird. All die Biogasanlagen, die in nächster Zeit aus dem EEG fallen, brauchen eine Anschlussvergütung erhalten. Die bekommen sie nach erfolgreicher Teilnahme an der Biomasse-Ausschreibung - die aber zuletzt stets dreifach überzeichnet war. Ohne Anschlussvergütung ist der Weiterbetrieb einer Biogasanlage wirtschaftlich nicht möglich – was am Ende auch die kommunale Wärmeplanung zahlreicher Gemeinden gefährdet, in denen die örtliche Biogasanlage eine ganz wichtige Rolle spielt.
Neben der Anhebung des Ausschreibungsvolumens sei die Erhöhung des Flex-Zuschlags von heute 65 auf 120 Euro je installiertem Kilowatt und Jahr unbedingt erforderlich, ergänzte Seide. Mit diesen Anpassungen im EEG könne seine Branche 12 Gigawatt (GW) sichere und flexible Leistung bis 2030 bereitstellen. Dies entspricht der Menge, die die Bundesregierung als Bedarf festgestellt hat und mit dem Bau neuer Gaskraftwerke sichern will. „Biogas ist klimafreundlicher als Fracking Gas aus Amerika und günstiger als Wasserstoff“, betonte Seide und verwies dabei auf eine Studie der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg Erlangen (FAU). Aktuell gibt es knapp 10.000 Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von rund 6 GW.
In Anbetracht der aktuellen politischen Lage in Berlin forderte der Präsident, als Übergangslösung die 1.800 Megawatt für 2025 unverzüglich auf den Weg zu bringen - um mit der so gewonnenen Zeit unter einer neuen Regierung geeignete und umfangreichere Maßnahmen zu beschließen.
Wie teuer fehlende Backup-Leistung in den sogenannten Dunkelflauten sein kann, haben wir zuletzt Anfang November erlebt, als der Börsen-Strompreis auf 80 Cent / kWh gestiegen ist. In den ersten 18 Tagen im November war Biogas nach der Windenergie die mit Abstand leistungsstärkste erneuerbare Energiequelle mit 1.769 Gigawattstunden (GWh) – knapp hinter Steinkohle und mit mehr als doppelt so viel Leistung wie PV.
Neben der tageszeitlich flexiblen Einspeisung laufen immer mehr Biogasanlagen angepasst an die Jahreszeit – sie produzieren in den Wintermonaten mit wenig Sonnenstrom und hohem Wärmebedarf (und entsprechend hohem Stromverbrauch bei Wärmepumpen) mehr Strom als im Sommer.
Eine weitere wichtige Nutzungsoption von Biogas ist die direkte Einspeisung von zu Biomethan aufbereitetem Biogas ins Gasnetz. Dies schaffe maximale Flexibilität bei der Nutzung des Energieträgers – in externen BHKWs zur Strom- und Wärmeerzeugung, als Kraftstoff oder auch in der Therme, betonte Seide. Immer mehr Betreiber denken und gehen in diese Richtung, teilweise auch in Kombination aus Vor-Ort-Verstromung und Gaseinspeisung. „Diese Entwicklung darf nicht durch zu hohe Anschlusskosten für die Betreiber erschwert werden, die Politik sollte dies vielmehr unterstützen und der Branche langfristig eine Perspektive aufzeigen“, forderte Seide, und ergänzte: „Hierzu ist auch der Erhalt des bestehenden Gasnetzes als wertvoller Energiespeicher unbedingt erforderlich.“
Auch aus industriepolitischer Sicht sei sowohl die sichere und preiswerte Wärme- als auch die dezentrale Stromversorgung aus heimischen Quellen essenziell, ergänzte der Vizepräsident des Fachverbandes und Sprecher der Firmenmitglieder, Christoph Spurk. „Wie wichtig energiewirtschaftliche Unabhängigkeit ist haben wir nicht zuletzt mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges erleben müssen.“ Er mahnte zudem, dass mit der Biogasbranche auch die letzte Erneuerbare Energien Sparte wegzubrechen drohe. „Wir waren bei der Windenergie führend – und haben den Markt hergeschenkt; wir waren bei der Solarenergie Pioniere– und kaufen nun Panele aus Asien. Noch sind wir Weltmarktführer beim Biogas, wir beschäftigen 50.000 Menschen mit einem Umsatz von 13 Mrd. Euro pro Jahr – das dürfen wir nicht auch noch aufgeben.“ Um diese Position zu halten, brauche es einen funktionierenden Heimatmarkt.
„Wir dürfen nichts abbauen, bevor etwas Neues aufgebaut wurde“, resümierte Seide – und wiederholte seine dringende Forderung an alle Parteien, den bestehenden Biogasanlagen-Park zu erhalten. „Die Weichen werden jetzt gestellt. In ein paar Jahren könnte es zu spät sein. Denn wenn die Anlagen erst aufgehört haben, fangen sie nicht wieder an – und dann brauchen wir noch mehr fossile Gaskraftwerke.“
Kurzinfo „Biogas ist Zukunft“
Um ihre Forderungen im politischen Berlin zu platzieren hat die Biogasbranche, initiiert durch vier Betreiber, die Kampagne „Biogas ist Zukunft. Schon heute“ ins Leben gerufen. In einer beispiellosen Aktion sind über 200 Spenden im sechsstelligen Bereich aus der Branche gesammelt worden, mit denen nun massiv die Forderungen der Branche lanciert werden.
Kurzinfo Fachverband Biogas e.V.
Der Fachverband Biogas e.V. vertritt die Biogasbranche im Dachverband der Erneuerbaren Energien, dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) e.V. Mit über 4.800 Mitgliedern ist er Europas größte Interessenvertretung der Biogasbranche. Der Fachverband Biogas e.V. setzt sich bundesweit ein für Hersteller und Anlagenbauer sowie landwirtschaftliche und industrielle Biogasanlagenbetreiber.